Kostunica


Warum der serbische Ex-Premier Kostunica plötzlich als „Rechtsextremer“ gilt

7.11.2013. Als die „Regierung“ des mit Hilfe eines von der NATO losgetretenen Krieges „unabhängig“ gewordenen „Staates“ Kosovo, der sich von Serbien abgespalten hat, Anfang November Kommunalwahlen abgehalten hat, wurde im Norden Kosovos in etlichen Wahllokalen randaliert, Wahlurnen zerstört und abgegebene Stimmzettel unbrauchbar gemacht, so das die Wahl in einigen Kommunen nicht gewertet wurde.
Dazu muß man wissen, daß der Kosovo zu 90% von Albanern besiedelt ist, aber im Nordzipfel eine serbische Minderheit lebt, welche mehrheitlich die gewaltsame Abspaltung der ehemals serbischen Provinz ablehnt und die deshalb bereits mehrfach die Wahlfarcen des Pseudostaates abgelehnt hat.
Um einen Sündenbock für die Gewalt und das Chaos am Wahltag zu haben, beschuldigte die westliche Presse jetzt den ehemaligen serbischen Premierminister Vojislav Kostunica und seine Demokratische Partei Serbiens (DSS) hinter dem Aufruhr zu stehen, die beide nun als „rechtsnationalistisch“ und „extrem“ betitelt werden. Dabei galt Kostunica bisher als gemäßigt national-konservativ und vor ein paar Jahren war er DER Mann des Westens bei der Zerschlagung Restjugoslawiens.
Im Jahre 2000 unterstützte der Westen den gemäßigten serbischen Patrioten Kostunica bei seiner Kandidatur gegen den in Brüssel und bei der NATO verhaßten jugoslawischen Staatschef und Sozialisten Slobodan Milosevic. Kostunica wurde Präsident und wandelte Restjugoslawien, daß nur noch aus Serbien und Montenegro bestand – auch unter dem Druck montenegrinischer Absetzbewegungen – in ein Bündnis zweier souveräner Staaten um.
Unter der Regentschaft pro-westlicher „Reformer“ wie Zoran Djincic zerfiel auch diese lockere Allianz bald und beide Staaten wurden komplett selbstständige Einheiten.

Der serbische Patritot Kostunica, der als sein Vorbild Charles de Gaulle nannte und im SPIEGEL-Interview kritisierte, daß sich „Amerika überall in Europa und auf dem Balkan einnistet“ hatte seine Schuldigkeit getan. Die EU und die NATO protegierten jetzt lieber die pflegeleichteren Liberalen, welche Serbien nach Brüssel und in das atlantische Militärbündnis führen wollten – und dabei bereit waren, offenbar auf Knien angerutscht zu kommen, denn schließlich hatte die NATO 1999 Serbien (bzw. Restjugoslawien) einen Krieg aufgezwungen und das Land bombardiert.

Zwar kamen Kostunica und seine kleine DSS noch zweimal an die Regierung und hielten in buntgescheckten Regierungskoalitionen mehrere Jahre durch – konnten allerdings nicht verhindern, daß die politische Elite Serbiens sich nach Westen drehte und sich unter dem Einfluß Brüssels nach und nach ein neuer Staat „Kosovo“ aus den serbischen Landesgrenzen herausschälte.
Als großes Verdienst Kostunicas muß es gelten, daß er die serbische Neutralität in der Verfassung verankern ließ, was den Zugriff der NATO auf das Land etwas einschränkt. Auch der (wegen Bankrotts nötige) Verkauf des serbischen Tankstellennetzes an russische Investoren statt an westliche Konzerne kurz vor seiner Abwahl hat der Westen Kostunica nicht verziehen.

Stand er vor ein paar Jahren noch als „gemäßigt National-Konservativer der politischen Mitte“ im Zentrum der Belgrader Polit-Elite gilt er heute als nationalistischer Außenseiter, weil er als einziger Spitzenpolitiker der Parlamentsparteien sich weigert, die künstlich geschaffene und erzwungen Unabhängigkeit des Kosovo, der historisch schon immer zu Serbien gehört hat, anzuerkennen. Die DSS ruft regelmäßig die Kosovo-Serben zu Wahlboykotten auf und ist – obwohl sie in ganz Serbien nur einen Stimmenanteil von 5-10% hat, im Nordkosovo die stärkste politische Kraft.
Kostunica ist sich letztendlich treu geblieben, doch die politischen Mitbewerber, die früher weitaus radikaler waren und einen serbischen Nationalismus propagierten, haben sich opportunistisch an Brüssel herangeschoben und sich mit der Abspaltung der albanisch besiedelten Südprovinz arrangiert.
Zu diesen Wendehälsen zählt nicht nur die Sozialistische Partei Serbiens (SPS) des inzwischen unter dubiosen Umständen verstorbenen Ex-Staatschefs Milosevic, auch die Serbische Fortschrittspartei (SNS) des Staatspräsidenten Tomislav Nikolic gehört dazu. Nikolic war früher Mitglied der extrem nationalistischen Serbischen Radikalen Partei (SRS), die mittlerweile aus dem Parlament geflogen ist. Um an die Macht zu kommen, gründete er die etwas gemäßigtere SNS und wandelte sich nach seiner Wahl vom Paulus zum Saulus.
Mittlerweils überholt er auf der pro-europäischen Schiene selbst die lange dominante liberale Demokratische Partei (DS), von der sich Kostunicas DSS abgespalten hatte.
Und die Liberaldemokratische Partei LDP konnte es auch kurz nach der Bombardierung 1999 schon kaum erwarten, Mitglied der Wirtschafts- und Staatengemeinschaft der Aggressoren zu werden.

Nachdem viele Kräfte, die Kostunica mit nationaler Rhetorik vor ein paar Jahren noch rechts überholt hatten, heute handzahme Marionetten der EU-Imperialisten sind, wirkt der Patriot Kostunica wie ein politisches Fossil aus vergangener Zeit. Ein Ewig-Gestriger, den die westliche Presse in Ermangelung eines klaren Feindbildes nun zum Prügelknaben machen will für alles, was in der serbischen Kosovo-Politik schief läuft.

Dabei wird es nicht mehr lange dauern, bis sich herausstellt, daß EU und NATO politische Auslaufmodelle sind und der Brüsseler Neoliberalismus einen ganzen Kontinent in den Abgrund geführt hat.

Kay Hanisch

November 2013