Alte Staatspartei gewählt

Schichtwechsel ohne größere Blessuren

12.1.2006. Als am 14.12.2005 Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Tansania stattfanden, wählte die Bevölkerung in einer traditionellen Loyalität den Kandidaten Jakaya Kikwete (55) der ewigen Regierungspartei CCM (Partei der Revolution). Auch nach der Einführung eines Mehrparteiensystems, behielt die von Staatsgründer Julius Nyerere 1977 aus der Tanganjika African National Union (TANU) und ihrem Gegenstück aus Sansibar, der “Afro-Shirazi Party” (ASP) gegründete basisdemokratisch angehauchte CCM ihre dominante Stellung im Land bei.

Im Jahr 1962 führte Julius Nyerere Tanganjika in die Unabhängigkeit, zwei Jahre später schloß sich das Festland mit der arabisch besiedelten Insel Sansibar und ihren Nebeninseln zur Vereinigten Republik von Tansania zusammen. Unter Nyerere begab sich das Land auf einen eigenständigen afrikanisch inspirierten Weg des Sozialismus. Dieses Modell, der sogenannte „Ujamaa-Sozialimus“, scheitert aber an den Realitäten. Die weitverstreuten Bauern wurden in neuen Großkommunen, sogenannten Ujamaa-Dörfern zusammengeschlossen. Dies sollte eine effektivere Bewirtschaftung des Bodens und eine bessere Versorgung der Bevölkerung mit Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen sicherstellen. Heute sind die Ujammaa-Dörfer meist verlassen, da der karge Boden sich für eine intensive Bewirtschaftung gar nicht eignete. Ähnlich wie sein enger Freund Kenneth Kaunda in Sambia spielte Nyerere als Stimme der Dritten Welt eine wichtige Rolle auf dem internationalen Parkett, blieb jedoch mit seinem Ujamaa-Sozialismus wirtschaftlich genauso erfolglos wie Kaunda mit seinem ähnlich gearteten „Sambischen Humanismus“. Die moderate Politik der beiden Autokraten hat aber beiden Ländern bis heute eine starke Zivilgesellschaft und geringe ethnische Konflikte beschert. Aufgrund des Versagens der Ujamaa-Ideologie und ersten Unmutsbekundungen aus der Bevölkerung, beschloß Nyerere 1985 nicht mehr als Präsident anzutreten, behielt aber bis 1990 als Parteivorsitzender noch die Fäden in der Hand. Von 1985-95 führte der aus Sansibar stammende Ali Hassan Mwinyi (CCM) den Staat. Zwar leitete er den Übergang zum Mehrparteiensystem ein, doch nahm die Korruption unter ihm dramatisch zu. Deshalb trat der neue Präsident Benjamin Mkapa (ebenfalls CCM) als Saubermann gegen die Korruption an. Die Amtszeit des Präsidenten war auf zwei fünfjährige Legislaturperioden begrenzt wurden und die Vereinigte Bürgerfront (CIVIC), die Partei für Demokratie und Entwicklung (Chadema) und der Nationale Konvent für Aufbau und Reform (NCCR) etablierten sich als wichtigste Oppositionskräfte im Parlament. Der CCM verdanken die Tansanier ein stabiles Land seit der Unabhängigkeit und auch Nyereres Erfolge im Bildungs- und Gesundheitssektor konnten sich in Afrika sehen lassen, auch wenn durch die vom IWF geforderte Sparpolitik diese Errungenschaften heute wieder in Frage stehen. Nach wie vor stellt sich die CCM dem Volk als Stabilitätsfaktor und Friedensgarant dar.
So war die Wahl von Jakaya Kikwete mit 80,1% der Stimmen keine Überraschung. Auf dem zweiten Platz landete mit 11,6% Ibrahim Lipumba von der CIVIC, der man eine angeblich pro-islamische Haltung nachsagt. Freeman Mbowi, Kandidat der Chadema, erhielt 5,9% der Stimmen.
Zur Parlamentswahl traten immerhin 17 Parteien an. Doch von den 232 zu vergebenden Sitzen fielen 206 an die CCM und nur 19 an die CIVIC. Sieben weitere Sitze teilen sich drei kleinere Parteien darunter die Chadema. Von der üblichen Kritik, z.B. dem fehlenden gleichberechtigten Zugang der Opposition zu den Medien (der ja auch in Deutschland nicht gewährleistet ist) etc. einmal abgesehen, soll es laut Beobachtern keine größeren Unregelmäßigkeiten bei der Wahl gegeben haben. Jakaya, der unter Mkapa Außenminister war, wurde während seiner gesamten politischen Laufbahn immer wieder mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert. Der neue Präsident möchte sein Land nun modernisieren und plant u.a. den Forschungsetat drastisch zu erhöhen.

Kay Hanisch